Bewegungsablauf  –  Mondgruß

Chandra Namaskar, die sanfte, fließende Bewegungsabfolge, wird im Deutschen mit “Mondgruß” übersetzt. Die Wörter Chandra Namaskar stammen aus der altindischen Gelehrtensprache “Sanskrit”, Chandra bedeutet Mond und Namaskar bedeutet Gruß oder Ehrerbietung. Diese Bewegungssequenz bildet das Gegenstück zum belebenden Sonnengruß (Surya Namaskar).

Im Sonnengruß werden die Bewegungen nach vorne und nach hinten ausgeführt, im Mondgruß dagegen stehen eher seitliche Bewegungen im Vordergrund. In der Hatha Yoga Tradition erhöht der Sonnengruß (Surya Namaskar) die aktive (Sonnen-)Energie, der Mondgruß (Chandra Namaskar) die mit Intuition und Regeneration assoziierte Mondenergie.

Man kann also sagen, dass während der belebende und energetisierende Sonnengruß den Nervus Sympathikus stimuliert und im Idealfall eher morgens nach dem Aufstehen praktiziert wird, wird der beruhigende Mondgruß, der auf den Nervus Parasympathikus wirkt, eher abends geübt, um den Tag ausklingen zu lassen. Du kannst ihn aber auch gerne immer dann üben, wenn Du Unruhe oder Nervosität in Dir wahrnimmst. Es ist eine sehr sanfte Abfolge ohne körperlich anstrengende bzw. vitalisierende Asanas wie Umkehrhaltungen oder Sprünge. Die ruhigen Übungen wie die Berghaltung, die Palme und die hohe Hocke führen zu einer Entspannung und sollen das innere und äußere Gleichgewicht und die nach innen gerichtete meditative Kraft stärken.

Auch von Chandra Namaskar gibt es, wie beim Sonnengruß auch, zahlreiche verschiedene Variationen. Das heißt, dass in den verschiedenen Yoga-Stilen auch der Mondgruß differiert oder von LehrerIn zu LehrerIn unterschiedlich unterrichtet wird. Dennoch wird er eher am späten Nachmittag oder abends geübt. Auch hier kann der Übende sein Tempo selbst bestimmen. Finde die Variation, die für Dich passt und die Du in Deinem Atemrhythmus geschmeidig und fließend üben kannst. Im Mondgruß läuft vieles synchron. Er spiegelt sich in der Mitte der Sequenz, das heißt, die Bewegungen verlaufen zu beiden Seiten spiegelbildlich, und du passierst dabei immer wieder die Mitte. 

Hört man Mondgruß, dann assoziiert man das vielleicht eher mit Schlaf, Schlaflied oder Nachtruhe … . Dies ist aber überhaupt nicht der Fall. Anfangs, wenn man den Mondgruß noch nicht kennt, muss man sich sehr konzentrieren, um den Anschluss nicht zu verlieren. Er bietet schon eine kleine Challenge für Menschen, die sich mit Orientierung etwas schwerer tun. Aber nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, gib Dir Zeit und lass Dich darauf ein. 

Im Yoga werden die Sonne und der Mond den beiden Energiekanälen (Nadis) Pingala und Ida zuerkannt, die in den yogischen Energiemodellen  durch unseren Körper fließen.

Pingala Nadi wird der Sonne, also der männlichen Energie im Menschen und zugeteilt, während die Kraft des Mondes, also Ida Nadi der weiblichen Energie im Menschen zugesprochen wird. Die Bewegungsabfolgen des Sonnen- und Mondgrußes stimulieren jeweils diese Energien im Menschen ganz gleich, ob männlich oder weiblich.

Der Sonnengruß ist linear, fokussiert, aktiv und geht von vorne nach hinten und stärkt so die männliche Energie in uns, die sich besonders durch Konzentration, Zielstrebigkeit und Disziplin auszeichnet.

Der Mondgruß dagegen umfasst den ganzen Raum und ist eher mehrdimensional. Die Energie des Mondes wirkt regulatorisch auf uns. Er fördert unsere Kreativität, Intuition und Leichtigkeit. Wir werden durch intensive Praxis geerdeter und ausgeglichener. Er bietet sich daher sehr gut am Abend an, um Stille zu erfahren, um abzuschalten, wenn der Alltag wieder stressig oder laut war. 

Wirkungen des Mondgrußes:

(1)  Körperlich: 

  • dehnt und kräftigt den Rücken
  • dehnt die Beinmuskulatur
  • stärkt Füße, Beine und Knie
  • erhöht die Standfestigkeit
  • besseres Gleichgewicht

(2) Energetisch:

  • mehr Entspannung
  • Ruhe und inneren Frieden
  • Abschaltung von Stress
  • fördert die psychische Stabilität
  • verbessert die Intuition

(3)  Geistig:  

  • Versuche, während des Mondgrußes immer wieder Deine Aufmerksamt auf den Moment der Ausdehnung zu richten, dann ziehen sich Deine Sinne nach innen und ganz  von selbst nimmst du den Kontakt mit dem Boden wahr. Du nimmst den Energiestrom wahr, der von unten nach oben aufsteigt, zum Becken und dann weiter nach oben zum Herzraum, Herzchakra (Anahata Chakra) und dann noch weiter nach oben zum Punkt zwischen den Augenbrauen (Ajna Chakra), dem Punkt Deiner Intuition.

Übungsempfehlungen zum Mondgruß:

  • Übe am späten Nachmittag oder frühen Abend,  lade auch deine Familienmitglieder ein,  mitzumachen 🙂
  • Übe, wenn der Magen nicht zu voll ist, also lieber erst nach dem Mondgruß das Abendbrot genießen
  • Der Atem führt die Bewegung an, das heißt du beginnst mit der Atmung und lässt die Bewegung folgen und wenn die Bewegung endet, endet auch der Ein- bzw. Ausatem
  • Achte beim Üben darauf, dass die Atmung und die Bewegung im Einklang sind, also gleichmäßig ein- und auszuatmen. Der Atem sollte nicht zu kurz sein, denn dann fehlt die Zeit für die Bewegung und auch nicht stocken, weil es zu anstrengend ist. Dann pausiere lieber beziehungsweise verlangsame dein Tempo oder mach eine Zwischenatmung
  • Führ‘ jede einzelne Bewegung langsam und achtsam aus und versuch dabei, dich geschmeidig zu bewegen und fließende Übergänge zu schaffen.
  • Um die volle Wirkung zu erfahren, versuche die Abfolge jeden Abend 2x pro Seite zu wiederholen
  • Lass dich nicht durch Hochglanz-Bilder, Hochleistungs-Videos oder Ähnliches beeinflussen. Finde dein eigenes Tempo, was deinem Körper guttut und du den Bewegungsablauf auch genießen kannst

Viel Freude beim Üben. E s l o h n t s i c h ! 🙂