Surya Namaskar, die dynamische Aufwärmübung “Sonnengruß” wird auch als Sonnengebet im Deutschen bezeichnet. Es ist ein Ablauf von zwölf Yoga-Positionen (Asanas), die ohne Pause aufeinander folgen. Der Name Surya Namaskar geht zurück auf den hinduistischen Sonnengott Surya, der im dazugehörenden Mantra mit zwölf verschiedenen Namen verehrt wird. Die Wörter Surya Namaskar stammen aus der altindischen Gelehrtensprache “Sanskrit”, Surya bedeutet die Sonne und Namaskar bedeutet der Gruß.

Der Sonnengruß ist “die” Warm-mach-Übung im Hatha-Yoga. Er ist nicht nur unter verschiedenen Namen bekannt, nein, es gibt auch viele verschiedene Variationen. Das heißt, dass in den verschiedenen Yoga-Stilen auch der Sonnengruß differiert oder von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich unterrichtet wird. Dennoch wird er typischer Weise früh morgens geübt. Das Tempo kann der Übende selbst bestimmen, langsam oder schnell, ganz egal. Finde deine Variation und dein Tempo. 

Die 12 Positionen des Sonnengrußes:

Berghaltung
Du beginnst im Stand, Füße maximal hüftbreit und parallel aufgestellt, Oberschenkel und Gesäß leicht angespannt, Oberkörper aufrecht.
Einatmen – die Arme über die Seite heben. Ausatmen – Handflächen vor der Brust zusammen legen dabei die Unterarme parallel zum Boden (Hände in Namasté)
   
Gestreckte Berghaltung
Einatmen – Arme nach  oben strecken, Hände schulterbreit. Schulterblätter leicht zusammenziehen, die Arme streben dabei eher nach hinten.
Stehende Vorwärtsbeuge
Ausatmen – mit geradem Oberkörper nach unten kommen und die Fingerspitzen neben (!) den Fußspitzen abstellen, dabei kannst du gerne die Knie beugen um leichter mit den Händen zum Boden zu kommen. Kopf und Nacken locker lassen. 
Sprinter
Einatmen – (a) rechten / (b) linken Fuß so weit wie möglich nach hinten bewegen, (a) rechtes / (b) linkes Knie am Boden absetzen (dann ist es leichter). Blick nach vorne ausrichten. (a) Rechtes / (b) Linkes Knie und (a) rechter / (b) linker Knöchel auf einer Linie (damit es keine Schmerzen im Knie gibt)


Sprinter (b)
Hohes Brett / Stütz
Im hohen Brett wird der Atem gehalten und beide Beine nach hinten ausgestreckt. Achte darauf, dass Rücken und Gesäß auf einer Linie sind. Nicht das Gesäß nach unten durchhängen lassen und auch nicht nach oben strecken, denn das Hohe Brett ist nicht der Herabschauende Hund. Halte den Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule und richte deinen Blick nach unten.


Acht-Punkt-Stellung oder Tiefes Brett
Ausatmen – Knie, Brustkorb und Stirn ablegen, dann folgen erst die Fußrücken und das Becken. Arme dicht am Körper.




(Acht-Punkt-Stellung)
Kobra
Fingerspitzen schließen mit den Schultern ab.
Einatmen – Kopf und Brustkorb mit der Kraft der oberen Rückenmuskulatur heben, dabei wenig Gewicht auf die Hände geben, Blick schräg nach vorne unten ausrichten.


Herabschauender Hund
Ausatmen – kraftvoll die Hände in den Boden drücken, die Arme durchstrecken, Gesäß heben und Fersen in Richtung Boden senken, dabei ist der Rücken ist gerade, Kopf und Nacken locker


Sprinter
Einatmen – mit etwas Schwung das (a) rechte / (b) linke Bein nach vorne bewegen und den rechten Fuß zwischen die Hände bringen, das (a) linke / (b) rechte Knie am Boden belassen und den Blick nach vorne ausrichten.


(b)
Stehende Vorwärtsbeuge
Ausatmen – linken Fuß ebenfalls nach vorne zwischen die Hände bringen.

Gestreckte Berghaltung
Einatmen – wenn möglich mit geradem Oberkörper nach oben kommen (Wirbel für Wirbel aufrollen geht natürlich auch). Strecke die Arme nach oben hinten und ziehe die Schulterblätter zusammen.

Berghaltung
Ausatmen – die Arme über die Seite absenken.
Sonnengruß

Im Sivananda Yoga (Integrales Yoga) startest du den Sonnengruß immer auf der rechten Seite und übst dann abwechselnd rechts / links und endest immer auf der linken Seite. Wenn du die Seiten mal vertauschst, ist das natürlich auch nicht tragisch. 

Wirkungen des Sonnengrußes:

(1)  Körperlich: 

  • Dehnen und Aufwärmen des Bindegewebes und der Muskeln (ca. 75% der gesamten Muskulatur wird bewegt → Ganzkörper-Workout)
  • Anregen des Herz-Kreislauf-Systems
  • (eventuell) Vorbereitung auf die folgende Übungsstunde
  • Harmonisierung von Körper und Geist durch das Ausführen im Einklang mit dem Atem und die wirklich tolle Mixtur aus Vor-, Rückbeugen und Umkehrhaltungen; dehnt also die Körpervorder- und gleichzeitig die Körperrückseite (!)
  • Stärkung der Körpermitte (Bauchmuskulatur) und Massage der Bauchorgane durch die tiefe Vorbeuge und vollständige Ausatmung
  • Erweitern der Atemräume bzw. Erhöhung des Atemvolumens
  • regelmäßig und zügig praktiziert, ist der Sonnengruß ein sehr gutes Kardio-Training

(2) Energetisch:

Beleben und Energetisieren des Sonnengeflechts; mit den 12 Positionen werden alle sieben Hauptchakren angeregt: 

  1.  Berghaltung  → Anahata (Herz)
  2.  Gestreckte Berghaltung  → Vishudda (Kehle)
  3.  Stehende Vorwärtsbeuge  → Swadhistana (Sakral)
  4.  Sprinter  → Ajna (Drittes Auge)
  5.  Hohes Brett / Stütz  → Muladhara (Wurzel-Chakra)
  6.  Niedriges Brett oder Acht-Punkt-Stellung  → Manipura (Solarplexus)
  7.  Kobra  → Vishudda (Kehl-Chakra)
  8.  Herabschauender Hund  → Muladhara (Wurzel-Chakra)
  9.  Sprinter  → Ajna (Drittes Auge)
  10. Stehende Vorwärtsbeuge  → Swadhisthana (Sakral-Chakra)
  11. Gestreckte Berghaltung  → Vishudda (Kehl-Chakra)
  12. Berghaltung  → Sahasrara (Kronen-Chakra)

(3)  Geistig:  Harmonisierung, Aufbau von Selbstvertrauen

Sonnengruß – Mantra:

Um die Wirkung des Sonnengrußes zu vergrößern beziehungsweise um in ein meditatives Üben zu kommen, kann man das Surya-Namaskar-Mantra für sich geistig wiederholen. Jede Zeile entspricht dabei einer der 12 Positionen: 

Om Mitraya Namaha: Ich verneige mich vor dem Göttlichen in der Sonne, das liebevoll zu allen ist.

Om Ravaye Namaha: Ich verneige mich vor Ihm, der die Ursache allen Wandels ist.

Om Suryaya Namaha: Verehrung jenem, der Aktivität herbeiführt.

Om Bhanave Namaha: Gruß an Ihn, der Licht verbreitet.

Om Khagaya Namaha: In Demut gebeugt vor Ihm, der sich im Himmel (über den Wolken) bewegt.

Om Pushne Namaha: Verehrung Ihm, der alle nährt.

Om Hiryanyagarbhaya Namaha: In Demut gebeugt vor Ihm, der allen Wohlstand enthält.

Om Marichaye Namaha: Verehrung Ihm, der Strahlen besitzt.

Om Adityaya Namaha: Ich verneige mich vor Ihm, der der Sohn von Aditi ist.

Om Savitre Namaha: Verehrung Ihm, der verehrungswürdig ist.

Om Arkaya Namaha: In Demut gebeugt vor ihm, der alles von Neuem erschafft.

Om Bhaskaraya Namaha: In Demut gebeugt vor Ihm, der die Ursache des Leuchtens ist.                                                                           (Quelle: Yoga Vidya)

Sonnengruß – Affirmationen, Beispiel 1:

  • 1 – Mutter / Vater, in Stille trete ich vor Dich hin
  • 2 – Ich erhebe meine Hände und mein Herz zu Dir
  • 3 – Beuge Dich und berühre mich, Mutter / Vater
  • 4 – Ich erhebe meine Augen zu Dir
  • 5 – Halte mich im Gleichgewicht
  • 6 – Du bist meine Grundlage, mein Fels, meine Weisheit, mein Wissen und Gedächtnis
  • 7 – Ich erhebe meine Augen zu Dir
  • 8 – Von den Tiefen meines Selbst rufe ich Dich
  • 9 – Ich erhebe meine Augen zu Dir
  • 10 – Beuge Dich hinunter und berühre mich, Mutter / Vater
  • 11 – Ich erhebe meine Hände und mein Herz zu Dir
  • 12 – Mutter / Vater, in Stille trete ich vor Dich hin

                                                                                                      (Quelle: Yoga Vidya)

Sonnengruß – Affirmationen, Beispiel 2: 

  • 1 – Ich gehe in mich
  • 2 – Ich öffne mich zum Kosmos (Universum, Himmlischen)
  • 3 – Ich neige mich in Demut
  • 4 – Ich schaue zuversichtlich nach vorne
  • 5 – Ich bin stark
  • 6 – Ich bin verbunden mit der Erde
  • 7 – Ich öffne mich zu allen Wesen
  • 8 – Ich akzeptiere mein Leben
  • 9 – Ich schaue zuversichtlich in die Zukunft
  • 10 – Ich neige mich in Demut
  • 11 – Ich bin voller Freude
  • 12 – Ich bin im Gleichgewicht

                                                                                                      (Quelle: Yoga Vidya)

Sonnengruß – Affirmationen, Beispiel 3: 

  • 1 – Sonne, ich bedanke mich bei Dir und beginne den Tag mit einem Lächeln
  • 2 – Ich strecke mich Dir entgegen und werde immer offener
  • 3 – Ich vertraue der Natur und meiner Intuition
  • 4 – Ich bin bereit, etwas Neues zu beginnen
  • 5 – Ich bin im Gleichgewicht oder Ich gehe den mittleren Pfad
  • 6 – Ich werde von der Erde getragen
  • 7 – Ich befreie mich von allem Negativen oder Ich bin erfüllt von Anmut und Kraft
  • 8 – Ich schaue zurück in die Vergangenheit und akzeptiere sie
  • 9 – Ich sehe allem was kommt gelassen entgegen
  • 10 – Ich bin bereit, etwas zu lernen
  • 11 – Ich wachse über mich selbst hinaus
  • 12 – Ich bin zufrieden und gelassen oder Ich bin fest mit der Erde verwurzelt

                                                                                                      (Quelle: Yoga Vidya)

Übungs-Empfehlungen zum Sonnengruß:

  • Übe früh am morgen nach dem Aufstehen bevor die anderen Familienmitglieder aufstehen oder lade sie ein mitzumachen :-), also noch bevor dein Alltag beginnt
  • Übe vor dem Frühstück, wenn der Magen noch nichts zu arbeiten hat, gönn Dir vor dem Üben ein großes Glas warmes Wasser. Das hilft wunderbar auch die Verdauung in Schwung zu bringen
  • Lass dich nicht durch Hochglanz-Bilder, Hochleistungs-Videos oder ähnliches beeinflussen. Finde dein eigenes Tempo, was deinem Körper guttut und du den Bewegungsablauf auch genießen kannst
  • Der Atem führt die Bewegung an, das heißt du beginnst mit der Atmung und lässt die Bewegung folgen und wenn die Bewegung endet, endet auch der Ein- bzw. Ausatem
  • Achte beim Üben darauf, dass die Atmung und die Bewegung im Einklang sind, also gleichmäßig ein- und auszuatmen. Der Atem sollte nicht zu kurz sein, denn dann fehlt die Zeit für die Bewegung und auch nicht stocken, weil es zu anstrengend ist. Dann pausiere lieber beziehungsweise schalte einen Gang zurück 

Viel Freude beim Üben. E s l o h n t s i c h ! 🙂